Lebendige Messinstrumente
Für sehr viele Produkte und Bereiche des Alltags werden vor und während der Entwicklung Tierversuche durchgeführt. Gemeint sind Experimente an oder mit lebenden Tieren, welche der Grundlagenforschung, der human- und veterinärmedizinischen Forschung und der Durchführung von Toxizitäts-, also Giftigkeitsprüfungen dienen sollen. Zu den sogenannten Versuchstieren zählen vor allem Mäuse, Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen, Frettchen, Hunde und Katzen sowie Affen, Rinder, Schweine und viele andere Tiere. Diese leiden und sterben in Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie in Pharma- und Dienstleistungsunternehmen. Tierversuche sind jedoch als experimentelle Methode vollkommen ungeeignet1 und ethisch nicht vertretbar.
Fehlgeleitete Wissenschaft
Bis heute werden Tiere als Messinstrumente benutzt und Forscher_innen versuchen gewaltsam Erkenntnisse zu gewinnen. Trotzdem bleibt es beim bloßen Versuch, denn die Experimente dienen ausschließlich der Befriedigung wissenschaftlicher Neugier und sind zudem eine lohnenswerte Einnahmequelle. Lebewesen werden zu „Versuchstieren", weil ihnen diese Bezeichnung und Funktion von Menschen zugewiesen wird. Diese sind jedoch veränderbar und keine Tatsachen. Wissenschaft rechtfertigt nicht das lebenslange Leiden und die Tötung unzähliger Individuen. Tierversuche sind ein System von Ausbeutung, Profitgier und Leid. Die vermeintliche Übertragbarkeit der Erkenntnisse liefert zudem nur eine trügerische Sicherheit und keine aussagekräftigen Ergebnisse für die Wirkung jeglicher Substanzen bei Menschen. Aufgrund physiologischer Unterschiede aller Tiere untereinander, sowohl menschlicher als auch nichtmenschlicher, zeigen sich bei allen Arten verschiedene Symptome und Krankheitsbilder. Insbesondere Versuche für medizinische Zwecke sind nicht nur sinnlos, sondern können auch gefährlich sein. Substanzen, welche für bestimmte Tierarten als ungefährlich und sicher eingestuft werden, können bei anderen Missbildungen hervorrufen oder zum Tode führen [4]. Bekanntestes Beispiel hierfür, ist der Wirkstoff Thalidomid, auch besser bekannt als Contergan, welcher als sicher eingestuft wurde, jedoch zu schweren Fehlbildungen bei Neugeborenen führte. Benoxaprofen (Vioxx), und Rofecoxib (Avianda) sind zwei antirheumatische Arzneistoffe, die im Tierversuch ebenfalls als sicher eingestuft wurden, nach der Zulassung allerdings enorme Schäden angerichtet haben. HerzKreislauf-Erkrankungen, allergische Reaktionen, Organschäden und Todesfälle sind mögliche Folgen der Methode Tierversuch. Für die vor der Marktzulassung verwendeten „Versuchstiere" enden die Experimente in jedem Falle tödlich. Die unterschiedliche Wirkung von Substanzen kann außerdem dazu führen, dass für Menschen tatsächlich hilfreiche Wirkstoffe übersehen werden und niemals eine Marktzulassung erhalten. Aspirin, Ibuprofen, Insulin, Penicillin oder Phenobarbital sind nur einige der Arzneimittel, welche uns vorenthalten geblieben wären, hätte man sich schon in früheren Zeiten auf Tierversuche verlassen [5]. Diese stehen somit dem wissenschaftlichen Fortschritt im Weg. In erster Linie jedoch bedeuten sie Leid und Ausbeutung für unzählige Individuen, deren Lebens- und Freiheitsrechte verletzt werden. Tiere sind keine Ware, keine Lebensmittel, kein „Nutzvieh" und keine Messinstrumente. Sie sind individuelle, leidensfähige Lebewesen mit eigenen Interessen und vielfältigen Bedürfnissen, deren Lebens- und Freiheitsrechte anerkannt und verteidigt werden müssen.
Tierversuche in Zahlen
Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaften (BMEL) sterben jährlich alleine in Deutschland rund drei Millionen Tiere in Versuchslaboren, darunter mehr als 30 Prozent transgene Tiere, das heißt Tiere, deren Erbgut zuvor gezielt manipuliert wurde. Rund 40 Prozent der Gesamtzahl machen Tierversuche in der sogenannten Grundlagenforschung aus. Etwa 15 Prozent beansprucht die human- und veterinärmedizinische Forschung und gut 5 Prozent belegen toxikologische Untersuchungen [2]. Hinzu kommen Tierversuche in der Gentechnik, welche in dieser Statistik nicht berücksichtigt werden. Die Dunkelziffer der für Versuche leidenden und getöteten Tiere liegt weitaus höher, als in Statistiken erfasst werden, denn viele Labore und wissenschaftliche Einrichtungen züchten weit über Bedarf selbst nach. Dieser sogenannte Überschuss, insbesondere Ratten, Mäuse, Kaninchen und Meerschweinchen, wird getötet und entsorgt. Gleiches gilt für die jeweiligen Elterntiere, welche ebenfalls getötet werden, sobald sie den ihnen zugewiesenen Zweck erfüllt haben. Weltweit leiden und sterben geschätzt über 115 Millionen Tiere für sinnlose Experimente [3]. Auch hier dürfte die Dunkelziffer weitaus höher liegen.
Profitables Geschäft
Trotz heutiger Erkenntnisse, dem Wissen über die Nicht-Übertragbarkeit und der Existenz ethisch vertretbarer Alternativen, wird nach wie vor an Tierversuchen festgehalten. Grund hierfür ist insbesondere der nicht geringe zu erwirtschaftende Profit. Angefangen bei den Züchter_innen bis hin zu den Laboren und Experimentator_innen selbst, verdienen eine Vielzahl weiterer Unternehmen und Firmen an dieser Form der Ausbeutung. Die Bauindustrie verdient gleichermaßen am Neubau von Versuchslaboren, wie die Futtermittelindustrie an der Herstellung gewünschter Dosierungen und besonderer Inhaltsstoffe je nach Versuchsaufbau. Käfig- und Zubehörhersteller_innen sowie Transport- und Logistikunternehmen wie Fluggesellschaften, welche die Verbindung zwischen Züchter_innen und Laboren herstellen, profitieren ebenfalls. Nicht zuletzt verdient auch die Politik in Form von Steuern an Tierversuchen. Ein kapitalschweres Geschäft, basierend auf dem Leid und der systematischen Ausbeutung empfindungsfähiger Lebewesen. Die Qualität der Forschung sowie die Höhe entsprechender Forschungsgelder werden nicht an dem Nutzen und der ethischen Vertretbarkeit, sondern an der Anzahl der Publikationen bemessen.
Alternativen
Eine Abschaffung der tierexperimentellen Forschung bedeutet nicht ein Ende des wissenschaftlichen und medizinischen Fortschritts. Zahlreiche ethisch vertretbare Forschungsmethoden wie Zellkulturen, Computersimulationen, Biochips und Bevölkerungsstudien sowie viele weitere können Tierversuche problemlos ersetzen und liefern risikolos aussagekräftige Ergebnisse [6]. Der Kauf und Konsum tierversuchsfreier und veganer Produkte fördert ein System ohne Ausbeutung und Profitgier. Sogenannte Generika oder auch Nachahmerpräparate, also wirkstoffgleiche Kopien von unter anderen Markennamen erhältlichen Arzneimitteln, machen vergangene Tierversuche zwar nicht ungeschehen, jedoch werden für ihre Herstellung keine weiteren Tiere ausgebeutet und getötet, sofern sie frei von sonstigen tierlichen Bestandteilen sind. SATIS [7], ein Forum und Netzwerk für Ausbildung und Forschung ohne „Tierverbrauch", liefert hilfreiche Informationen. Auf invitrojobs.com gibt es ebenfalls viele Informationen zur tierversuchsfreien Forschung sowie Stellenangebote für in Forschung oder Ausbildung, Praktikum und Studium tätige Menschen.
6 Seiten
DIN lang, zweifach gefalzt, farbig
100% Recyclingpapier, klimaneutraler Druck