Die Agrarpolitik der Europäischen Union und der Bundesregierung formte Europas Agrarsysteme mittels politischer Instrumente und hatte lange Jahre in erster Linie ein wirtschaftliches Interesse. Doch auch Umweltschutzstandards werden immer wichtiger, was nicht allen gefällt. Vor allem die industrielle und traditionelle Landwirtschaft wird immer stärker kritisiert, sodass sich Landwirt*innen gezwungen fühlten, im Oktober 2019 unter dem Motto „Keine Zukunft ohne Bauern" gegen die Agrarpolitik der Regierung zu protestieren.
Neben der off ensichtlichen Tierausbeutung, für deren Ende wir kämpfen, werden das Leben und Überleben von Menschen und anderen Tieren in der Landwirtschaft auch weniger eindeutig bedroht. Gleichzeitig wird die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) im Moment reformiert. Aus diesem Grund möchten wir uns mit dem aktuellen Titelthema näher mit dem Thema Agrarpolitik, ihren Subventionen und Auswirkungen befassen und auch unseren Möglichkeiten, diese in unserem Sinne zu beeinflussen.
Editorial
Liebe Lesende,
ein weiteres Jahr geht zu Ende. Das US-Magazin Time wählt immer zum Jahresende die „Person des Jahres", also einen Menschen, der das vergangene Jahr in besonderem Maße geprägt habe. In diesem Jahr bildet das Cover der Time Greta Thunberg ab, stehend an der portugiesischen Küste, und nennt die eigene Titelgeschichte „The Power of Youth" – die Kraft der Jugend. Greta, bislang jüngste Person, die diesen Titel je erhielt, hat es geschafft, den unaufhaltsam fortschreitenden Klimawandel weltweit zu thematisieren und Millionen Menschen unter dem Hashtag #FridaysforFuture zu Protesten zu animieren. Greta hat tatsächlich viele bewegt– all dem Hass, Gewaltdrohungen, Diskriminierung und aller Hetze zum Trotz. Doch wozu können mahnende Worte von Wissenschaftler*innen und Aufforderungen junger Menschen, endlich (wirklich) zu handeln, führen? Seit vielen Jahren – Jahrzenten – schon kämpfen Aktivist*innen gegen Kapitalismus, Ausbeutung und Umweltzerstörung.
Zur „Person des Jahres" werden meist führende Politiker*innen und Wirtschaftsgrößen gekürt – was das über den Wert dieser Körung aussagt, sei dahingestellt. Person des Jahres 2016 wurde Donald Trump – weil er die USA tief gespalten habe. Im Jahr zuvor rang ihm und dem zweitplatzierten, dem IS-Anführer Abu-Bakr al-Baghdadi, Angela Merkel den Titel ab – für ihr Wirken in der „Flüchtlingskrise". Eine zutiefst zynische Würdigung in Anbetracht von Fluchtursachen und beispielsweise des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei, an welchem die Bundeskanzlerin maßgeblich mitgewirkte.
In diesem Jahr nun hat die Bundesregierung um Angela Merkel ein Klimapaket beschlossen, das – ebenso wie das Agrarpaket – das Papier, auf dem es steht, nicht wert ist und eher einer Handlungsverweigerung gleicht. Dennoch protestierten zuletzt zehntausende Landwirt*innen gegen Klima- und Umweltschutzanforderungen und legten wiederholt mit Traktoren den Verkehr lahm. Wirtschaftliche Interessen konkurrieren mit Umweltschutzforderungen, beuten nichtmenschliche Tiere, Natur und Menschen aus und gefährden unser aller (Über-)Lebensgrundlage. Mehr zu dem Thema Agrarpolitik und ihren Subventionen sowie Auswirkungen könnt ihr in unserem aktuellen Titelthema lesen.
Erst nach Redaktionsschluss erreichte uns die Meldung, dass Matthias, der 328 Tage in der Schweiz im Knast saß, Ende Oktober unter strengen Auflagen entlassen wurde. Ihm und zwei weiteren Angeklagten, Mirabelle und Raoul, wird unter anderem vorgeworfen, gemeinsam mit weiteren Aktivist*innen Scheiben von Metzgereien eingeschlagen zu haben und in einen Schlachthof eingedrungen zu sein. Aus dem Knast wurde Matthias entlassen, doch frei ist er nicht. Unter Hausarrest stehend muss er elektronische Fesseln tragen und darf zudem engste Freund*innen nicht kontaktieren.
Unsere Solidarität gilt Matthias, Mirabelle, Raoul und allen politischen Gefangenen! Für Freiheit und eine herrschaftsfreie Gesellschaft!
Wenn ihr Anregungen, Kritik oder Lob habt – schreibt uns! Wir wünschen euch eine ruhige und entspannte Winterzeit und viel Kraft für das neue Jahr!
Ina Schmitt
Aus dem Inhalt:
Titelthema: Für die Tonne: Die EU-Agrarpolitik und ihre Folgen
Gemeinsame Agrarpolitik der EU – GAP
Wie Gesetze durch soziale Bewegungen geändert werden können
(Tier-)Subventionen abschaffen – Eine gangbare Forderung der Tierbefreiungsbewegung?
„Rettet die Honigbienen!" Subventionen gegen und für das Insektensterben
Eine neue Klimagerechtigkeitsbewegung für die Landwirtschaft: Was „Free the Soil" mit der GAP zu tun hat
Interview mit dem Biohof Hausmann
Welche Landwirtschaft wollen wir? Antispeziesistische Landwirtschaft und die GAP
Weitere Themen:
Nachhaltiger Aktivismus: Versuchen, die Lebensfreude nicht aus den Augen zu verlieren
Tear Down Tönnies! Schlachtfabrik besetzt
Das neuerliche Erstarken der Front gegen Tierversuche
ESCADA PELZFREI! Aktionstour durch sieben Städte
Pelztragende: Aufklären oder Konfrontieren?
Pelzfarmverbote in Europa
Immer mehr jagdfreie Grundstücke in Polen
Der Zoo in Frankfurt am Main
Keine Reiter*innenstaffeln in Bochum und sonst wo
Tierrechts-Doku Butenland
30 Revolution gegen Gott – Unvollständige Gedanken über Sinn und Ethik ohne Metaphysik
u.v.m.