Sie leben in unserer nächsten Umgebung, meist ohne, dass wir sie wahrnehmen. Sie bevölkern die Parks, Bahnhöfe, Marktplätze, Wohnungen, Betten usw. Nichtmenschliche Tiere in Städten. Vielleicht denkt ihr euch als erstes: Das ist doch ein Tier-, Arten- oder Naturschutzthema und keines für eine emanzipatorische, tierbefreierische Zeitung. Dem möchten wir, wie ihr euch denken könnt, widersprechen – warum sollten wir sonst ein Titelthema dazu machen.
Städte, vor allem die kapitalistisch organisierten, sind Räume, die durchzogen sind von Herrschaftsmechanismen. Menschen und andere Tiere werden ausgeschlossen aus verschiedensten Teilen der Städte. Gebaut werden die Städte eher für Konsum – erinnert sei an die Innenstädte mit großen Warenhäusern, kommerziellen Gastronomieangeboten sowie gewinnorientierten Kulturstätten – und mittlerweile Autos – schauen wir nur auf die Menge an Parkplätzen im Gegensatz zu freien Flächen. Doch es regt sich Widerstand. Menschen machen Stadtteilprojekte, bieten nichtkommerzielle Kultur und Gastronomie an oder versuchen durch verschiedenste Aktionen Städte inklusiver zu machen. Kritische Stadtplaner*innen und Architekt*innen entwerfen neue Konzepte von Städten, die inklusiv für Menschen und andere Tiere sind.
Das Thema „Tiere in der Stadt“ ist riesig und würde, wie bei so vielen Themen, ganze Bibliotheken mit Büchern füllen. Dementsprechend können wir das Thema in der vorliegenden Ausgabe auch nur schlaglichtartig besprechen. Trotzdem hoffen wir, einen ersten Einblick zu geben und vielleicht habt ihr, liebe Lesende, am Ende Lust weiter zu recherchieren und direkt in euren Städten aktiv zu werden, einige Vorschläge für Handlungsmöglichkeiten bietet die Ausgabe. Wir haben uns entschieden, uns dem Thema in drei Blöcken anzunähern.
Editorial
Liebe Lesende,
Das Bürgitum ist in heller Aufregung! Eine bisher völlig bedenkenlose und in keiner Weise auffällig gewordene Partei, mit der man vor Kurzem noch gemütlich in Talkshows und an Tresen über wichtige Themen differenziert reden konnte, entlarvt sich als antidemokratisch. Es wäre doch eigentlich an uns Linksradikalen gewesen, hiervor schon früher zu warnen! Okay, okay, überspitzte Ironie beiseite; es ist gut, dass bei so vielen Menschen das sprichwörtliche Fass übergelaufen ist und sie endlich irgendwas getan haben – wenn es auch nur war, sich an einem Wochenende auf die Straße zu stellen und irgendwas, ja, von mir aus Plattitüden, „gegen Rechts“ zu äußern. Das soll nicht relativiert werden. Aber um ein Potpourri von Beiträgen insbesondere von Redner*innen mit Migrationserfahrung wiederzugeben: Die ganzen Schilder und Reden über Demokratie und die Gefährdung selbiger zeigen, wo die Prioritäten liegen: Die Menschengruppen, deren Leben tatsächlich in Gefahr sind, sind nicht mehr im Fokus, sondern „unsere Demokratie“, weil die ja offenbar so super läuft. Es geht um die eigene Sicherheit, um die eigenen Privilegien. Das wird auch nicht zuletzt dadurch bekräftigt, dass, wie der Correctiv-Artikel („Geheimplan gegen Deutschland“) zeigt, nicht nur Personen aus der blauen Nazipartei beteiligt waren, sondern auch die angeblich demokratiefreundliche Christliche Union (wenn auch in geringerer Quantität). Aber nicht nur diese haben Lust auf rechte Ideen: Während Millionen auf die Straße gehen, hauen diejenigen Parteien, die von den gleichen Leuten gewählt wurden, Bleiberechtsverschärfung und Abschiebevereinfachung nach der anderen raus. Und alle nur so: Yay! Cool! Demokratie!
Ach ja, und dann war da ja auch noch die Agrarlobby, die wochenlang Infrastruktur blockiert hat, weil sie unzufrieden war, für ihre Tierausbeutung etwas weniger Geld von uns allen geschenkt zu bekommen. Zusammen mit Faschos, und den gleichen Leuten die vor Kurzem noch Horrorszenarien und Terrornarrative erfunden haben, wenn für tatsächlich wichtige Klimaaktionen Straßen kurzzeitig blockiert wurden. Die deutsche Volkswirtschaft ist wichtiger als die Grundlage empfindungsfähigen Lebens auf dem Planeten, aber Milch und Butter sind halt noch wichtiger. Wir lernen: Für Gewalt und Zerstörung massivst Infrastruktur zu blockieren gut, dagegen aber schlecht. Und alle nur so: Yay! Cool! Demokratie!
Stattdessen lasst uns solidarisch sein mit emanzipatorischen Leuten, die für ihr Engagement nur mit Gewalt und Repression belohnt wurden. Mit denen, die von der Gewalt des Abschiebestaats und seiner „Gesellschaft“ ständig konfrontiert sind. Mit denen, die sich ständig rassistischen/nationalistischen Anfeindungen ausgesetzt sehen. Mit den Queeren, den Ausgebeuteten, mit den Eingesperrten in Knästen und Käfigen. Mit allen, die sich seit Jahrzehnten gegen den Extremismus der Mitte wehren.
Alan Schwarz
Titelthema
– Tiere in der Stadt – Überblick
– Antispeziesistische Stadttransformation
– Immer Ärger mit der Nachbarschaft
– Konfliktsituationen
– Urbane Helden der Lüfte
– Tauben – Vom Symbol der Liebe zum Hassobjekt
– Halsbandsittiche in unseren Städten
– Igel in unseren Gärten
– Die Causa Waschbär
Bewegung & Aktivismus
– Die Verwendung von Recherche- und Lebenshofbildern in den Medien – wem sie nutzt und wen sie nutzt
– Agrardiesel, Traktoren-Demos und sinnvolle Subventionen
Ortsgruppen
– Hello world. Die neue Ortsgruppe des tierbefreier*innen e.V. in Karlsruhe.
Lebenshöfe
– Kuhlebenshof Happy Kuh e.V.
– Hofupdate SchweineHund e.V.
Ausgabe 122
76 DIN A4 Seiten